Für eine zeitgemäße Rechtssprechung
Dass immer noch Menschen bei uns vor Gericht gebracht werden, weil sie bei – wohlgemerkt einvernehmlichen – Sexkontakten HIV übertragen haben, ja, sogar wenn nur die Möglichkeit einer Übertragung bestanden hat, ist und bleibt nicht nur skandalös, es verhindert keine Infektion und macht es auch nicht einfacher, offen mit HIV zu leben! Die Justiz muss erkennen, dass Vorurteile nie eine gute Grundlage für Urteile sind. Erfreulicherweise hat jüngst mit dem Landgericht Aachen erstmalig eine deutsche Kammer entschieden, dass bei einer erfolgten HIV-Infektion nicht von einer vorsätzlichen gefährlichen Körperverletzung auszugehen sei, sondern von einer fahrlässigen. Und Ende letzter Woche hat das Amtsgericht München einen Angeklagten, bei dem die Viruslast ausreichend lange unter der Nachweisgrenze lag,
vom Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung bezüglich der Durchführung des Geschlechtsverkehrs ohne Kondom freigesprochen. Der Aachener Vorsitzende begann die mündliche Urteilungsbegründung mit den Worten „Wir haben in diesem Verfahren viel über HIV gelernt“.
Trotz dieser Lichtblicke und so aufgeklärt wir alle sind, so viele Kampagnen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Deutsche AIDS-Hilfe auch machen, vieles wird in Teilen unserer Gesellschaft immer noch nicht zur Kenntnis genommen. Wir wollen aber mehr, wir wollen, dass auch die Justiz die Realität des Lebens mit HIV wahrnimmt, wir wollen mehr Recht für Menschen mit HIV!